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Lost im Plänterwald

Bei meinem Berlin-Trip konnte ich mir auch endlich einen langjährigen Wunsch erfüllen: Eine Tour durch den ehemaligen DDR-Vergnügungspark. Der „Kulturpark Plänterwald“ war der einzige feste Vergnügungspark im Osten. Er war 1969 zum 20. Geburtstag der Republik eröffnet worden. Ein Besuch ist nur im Rahmen einer Führung möglich, die Karten können auch nur online bestellt werden und die Führungen sind sehr schnell ausgebucht. In diesem Jahr lag ich auf der Lauer und habe am Tag der Freischaltung gleich frühmorgens  gebucht. Abends war der von mir gewünschte Termin schon ausgebucht. Und ohne Online-Ticket gibt es keinen Einlass. Das mussten diejenigen leider erfahren, die hoffnungsvoll ohne Ticket zur Führung erschienen waren. Wir- ca. 30 Personen - wurden in 1,5 Stunden durch den Park geführt, bewacht von zwei grimmigen Sicherheitsmännern. Sobald jemand verbotenerweise den Weg verließ, wurde er/sie scharf zurückgepfiffen. Die Beiden sorgten auch sehr direkt dafür, dass die Gruppe eng zusammen blieb. Das war eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte. Die Infos des Guides zur Geschichte des Parks und den einzelnen noch vorhandenen "Attraktionen" waren dagegen sehr gut. 

Leider blieb wenig Zeit zum achtsamen Fotografieren. Da man ja die Wege nicht verlassen durfte, war auch die Suche nach einer guten Perspektive sinnlos. Oft stand die Gruppe auch durch die beiden Sicherheitsleute sehr eng zusammen, und wir standen uns gegenseitig beim Fotografieren im Weg. Nichtsdestotrotz war es eine interessante und spannende Führung und vermutlich eine der letzten Möglichkeiten, da der Park ab 2019 deutlich umgewandelt werden soll, auf jeden Fall weg vom Lost Place. Es soll ein Kunst- und Kulturpark werden. Wobei das in Berlin auch dauern kann, wie ja bekannt ist. Aber ein Anfang ist schon am neuen Eingang mit Holzstegen, Toiletten und einem noch im Bau befindlichen Kiosk zu erkennen. Erschreckend war die starke Beschädigung bzw. Zerstörung der Anlage durch mutwilligen Vandalismus. Auch sollen die letzten Pächter nach der Wende in Nacht-und-Nebel-Aktionen auch noch einiges an Attraktionen, die nicht fest verbaut waren, mitgenommen haben. Das Westerndorf wurde aus heute kaum nachvollziehbaren Naturschutzgründen komplett abgerissen. Die Wiederbelebung nach der Wende scheiterte am zu hohen Eintrittspreis für die geringe Anzahl an - auch veralteten - Attraktionen im Vergleich zu westdeutschen Parks und an den durch den Naturschutz bedingten fehlenden Parkplätzen. Zu DDR-Zeit kostete jede Fahrt mit einer Attraktion 1 Mark, nach der Wende in den Neunzigern verlangte man pro Person 29 DM, bei Kindern nur etwas weniger. Die Insolvenz war da eigentlich voraussehbar.

Im Blick ist heute vor allem das rote Riesenrad, das man sogar von der Oberbaumbrücke aus sehen kann. Dieses Riesenrad ist auch das Einzige, das bleiben soll. Die Gondeln sind zwar marode, der Antrieb defekt, aber die Konstruktion noch in Ordnung. Es soll auch wieder funktionsfähig gemacht werden. Das englische Dorf, das ein großes Spiegelkabinett enthalten hat, ist weitgehend einem Brand zum Opfer gefallen, es steht nur noch die marode Fassade. Viele einzelne Pavillons sind komplett zugewuchert, wie auch ein Teil des Geländes inzwischen undurchdringbarer Urwald ist. Die riesige Halle für "Speis und Trank" besteht nur noch aus Pfosten und maroden Dach, alles Glas ist zerstört. Ein Kaffetassenkarussell ist noch recht gut erhalten, hat aber eher einen 70er Jahre Charme. Eine Achterbahn rostet weiter vor sich hin, fotogen ist dort eine Ausfahrt aus einem Tunnel durch das Maul eines kunterbunten Tieres. Ganze Berge der Bahn sind aus "Plaste" gebaut. Eine Schwanenbahn durch einen Wasserlauf und einen grün veralgten Teich hat keine Schwanenboote mehr, die wurden leider wie auch die großen Dinosaurierfiguren mutwillig zerstört. Die traurigen Reste der Dinos hat man jetzt durch einen hohen Zaun geschützt. Ein Piraten- oder Drachenschiff ist stark zugewuchert und wartet nur auf den weiteren Zerfall. Von der ehemaligen schönen Blumenbepflanzung habe ich immerhin am Rande eines Gebüschs noch eine schöne rote Rose entdeckt. Etliche marode Gebäude sind natürlich auch noch zu finden. Es ist ein Lost Place, aber aufgrund der Zerstörungen ein sehr trauriger.

In einer großen Halle wurden uns zum Schluss noch einige restaurierte Objekte gezeigt, wie zwei der Schwanenboote oder lustige Autos, die sogar besetzt werden durften. Es war insgesamt dennoch ein richtiges Erlebnis. Ich habe es geschafft trotz aller Widrigkeiten ruhig  zu bleiben, achtsam die Blicke schweifen zu lassen, auf das eine oder andere Foto zu verzichten und vor allem von den grimmigen Sicherheitsmännern fernzubleiben. Alles kann man sowieso nicht festhalten, auch wenn einige aus der Gruppe das sehr deutlich versucht haben. Ich bin mit meiner kleinen Ausbeute recht zufrieden. Für dieses Jahr sind auch die restlichen Führungen komplett ausgebucht. Wenn es dich interessiert, dann beobachte im kommenden Jahr die Buchungsseite (https://gruen-berlin.de/spreepark/besucherinformation/fuehrungen-im-spreepark), vielleicht gibt es ja noch Führungen. Es lohnt sich, auch wenn die Achtsamkeit aus diversen Gründen etwas flöten geht.