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Ist Fotografie Kunst?

Eine Frage, die schon seit den Anfängen der Fotografie existiert. Maler haben die Fotografie in ihren Anfängen oft nur als Hilfsmittel benutzt und dadurch auch abgewertet. Vielleicht fragt man auch besser: Wann ist Fotografie Kunst - und wann nur ein Schnappschuss?

Was ist denn überhaupt Kunst? Auch das ist eine äußerst schwierige Frage. Kunst kommt von Können - Das ist sicherlich nicht die Antwort. "Alles ist Kunst" erklärte mir mein kleiner Enkel bei einem Kunstprojekt im Kindergarten.

Neu aufgetreten ist die Frage "Ist das Kunst?" mal wieder in mir beim Kirchenfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom (https://de.wikipedia.org/wiki/Richter-Fenster), das auf den ersten Blick wie eine beliebige Spielerei mit Farbpixeln wirkt. Auch die Frage, in wieweit dieses Fenster in den alterwürdigen Dom passt, stellt sich bei vielen Menschen. Wenn man sich aber mit seiner Genese und vielen Entwürfen beschäftigt, erkennt man die Tiefe dessen, was hinter diesem Fenster steckt. Richter greift in den Farben genau die Farben der alten Fenster des Doms auf. Die weite Entfernung für den Betrachter machte für ihn auch Gegenständliches an dieser Stelle unmöglich. Mir gefällt es nach längerem Wirkenlassen, und es passt für mich auch an diese Stelle.

Wenn man gedanklich bei Gerhard Richter bleibt, dann fallen mir auch die realistischen Gemälde mit einer leichten Unschärfe auf, z. B. Ema (https://www.gerhard-richter.com/de/art/paintings/photo-paintings/nudes-16/ema-nude-on-a-staircase-5778) . Wenn es Fotografien wären würde, man sie wegen ihrer Unschärfe vermutlich löschen oder wegwerfen. Da es aber Gemälde sind, gelten sie vielen als große Kunst. Hinter ihnen versteckt sich natürlich auch ein großes Malerkönnen.

Ich habe in letzter Zeit des öfteren beim Fotografieren mit der Zeit oder dem Zoomen experimentiert. Dabei entstehen natürlich Bilder, die unser Sehvermögen in Frage stellen und alles andere als realistisch sind. Mit langer Belichtungszeit zoomen oder die Kamera kippen, das ergibt für mich Spannendes. Sicherlich ist das keine große Kunst. Einige dieser Bilder habe ich in Fotogruppen im Netz veröffentlicht und bin dafür wegen eines scheinbaren Nichtkönnens teilweise angefeindet oder zumindest belächelt worden. Manche meinten auch sie müssten mich belehren,  wie z. B.: Ich sollte einen kürzere Belichtungszeit wählen.

Darf Fotografie nur realistisch abbilden, oder muss sie nach viel Photoshoppen zumindest noch realistisch wirken? Achtsames Fotografieren hat für mich auch das Probieren und Experimentieren im Gepäck. Ich kann auch bei dieser Art voll und ganz eins mit meiner Kamera sein. Und es bringt mir viel Ruhe, zusätzlich zu den zumindest für mich oft spannenden und interessanten Ergebnissen. Ob das dann natürlich Kunst sein kann, ist natürlich eine andere Frage. Wenn ich den richtigen (einen bekannten) Namen hätte, dann wahrscheinlich schon. Ohne das stärkt das Ganze zwar nicht meinen Geldbeutel, aber  zumindest meine Achtsamkeit.