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(202) WRMS - (K)EIN BESUCH

Wenn du jetzt einen Tippfehler vermutest, könnte ich das verstehen. Ich habe  WRMS am vergangenen Wochende auch zu erstenmal gelesen. Als Reminiszenz auf den neu erworbenen Titel eines Weltkulturerbes verwendet Worms als eine der drei SchUM-Städte diese an das vokallose Hebräisch diesen Namen z. B. für einen WRMS LDN. Nähere Informationen zu SchUM findest du hier: https://schumstaedte.de/.

So - und dieses WRMS habe ich nach langer Zeit mal wieder besucht. Im Weindorf Abenheim, das heute ein Stadtteil von Worms ist, bin ich geboren. Hier habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht. In Worms habe ich das Gymnasium besucht und Abitur gemacht. Vor 42 Jahren bin ich dann aber in die Rhön „ausgewandert“.

Worms ist keine schöne Stadt, hat aber schöne Ecken. Die Stadt wurde im Krieg stark zerstört, daher gibt es gerade in der Innenstadt viele einfache Nachkriegsbauten. Sehenswert sind aber der romanische Kaiserdom, das großartige Lutherdenkmal, das an den Wormser Reichstag vor genau 500 Jahren erinnert  und die jüdischen Relikte, die jetzt zur Auszeichnung als Weltkulturerbe geführt haben. Beeindruckend ist der alte Judenfriedhof, der wenn nicht der älteste in Europa, zumindest einer der ältesten ist, die nach dem Krieg originalgetreu wieder aufgebaute alte Synagoge, eine der ersten mit einer Frauensynagoge, das rituelle alte Reinigungsbad, die Mikwe und die noch recht gut erhaltene Judengasse, in der ein Cousin von mir ein Café betreibt.

Nach Besuchen bei Verwandten und alten Freunden wollte ich nach langer Zeit mal wieder den Dom 
- für mich der schönste Dom überhaupt - (https://www.worms-erleben.de/erleben/entdecken-und-staunen/sehenswuerdigkeiten/dom.phpund den 1000 Jahre alten Judenfriedhof "Heiliger Sand" (https://www.worms-erleben.de/erleben/entdecken-und-staunen/sehenswuerdigkeiten/heiliger-sand.php) besuchen. Diese wunderschöne alte romanische Basilika fasziniert mich jedes Mal wieder neu. Sie hat irgendwie etwas Mystisches, was durch einen heftigen Hagelschauer noch verstärkt wurde: Dunst waberte durch die offenen Türen in den Dom, was natürlich fotografisch spannend war. Live war es aber ein tieferes Erlebnis in diesem alten und eindrucksvollen Gemäuer. Zufälligerweise fand auch gerade eine Konzertprobe mit mittelalterlichem Minnegesang statt, was mich spontan an die auch vor dem Dom spielende Nibelungensage erinnerte. Irgendwie war dieser Besuch ein Erlebnis für alle Sinne, Ganzheitlichkeit pur. In der Kirchenbank sitzend verspürte ich auch eine tiefe Achtsamkeit. Von außen war der Dom leider sehr schwer zu fotografieren, einerseits weil der Blick unverständlicherweise in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten immer mehr zugebaut wurde, andererseits weil auch die weniger schönen Aufbauten der gerade beendeten Nibelungenspiele gewaltig störten.


Am Judenfriedhof, der ja zum neuen Weltkulturerbe gehört und den ich noch länger nicht mehr besucht habe, erlebte ich dann die ganze große Enttäuschung. Es war genau 16:40 Uhr und der Securitymensch am Eingang verwehrte mir den Eintritt, weil der Judenfriedhof um 17:00 Uhr geschlossen würde und er ab 16:40 Uhr niemanden mehr einlassen dürfe. Mein späterer Blick auf die Webseite zeigte mir einen Einlass bis 16:40 Uhr, aber das ist dann doch Pfennigfuchserei. Ich muss und kann diese 20 Minutenspanne nicht nachvollziehen, zumal das Gelände nicht so riesig ist. Auch meine Bitte nur ganz kurz im vorderen Bereich, in dem sich noch etliche Personen aufhielten, ein paar Bilder schießen zu dürfen, lehnte er brüsk ab. Ein jüdischer Besucher, der den Friedhof gerade verließ und das mitbekam, hatte auch kein Verständnis für dieses ablehnende Verhalten des Securitymitarbeiters. Ich hatte mich so auf die Atmosphäre dieses so besonderen Ortes gefreut, auf den „Martin-Buber-Blick“ (https://schumstaedte.de/verein/rueckblicke/2018/), die uralten z. T.  schiefstehenden Grabsteine, die besonderen Gräber berühmter jüdischer Gelehrter, aber ich musste mich schweren Herzens fügen. Lediglich durch kleine vergitterte Fenster in  der Friedhofsmauer gelangen mir noch einige wenige Bilder, die aber bei Weitem nicht den Besuch ersetzen können. Ich musste jedenfalls tief in meiner Achtsamkeiterfahrung  wühlen, um mich nicht zu sehr aufzuregen.

Ich glaube, Worms muss als neues Weltkulturerbe, auf das ich als ehemaliger Wormser auch ein wenig stolz bin, doch noch einiges dazulernen - Näheres möchte ich lieber nicht ausführen. Ich habe aber mit dem Dompfarramt und der Tourist Information Kontakt aufgenommen - nicht, weil ich der Meinung bin, es besser zu wissen, sondern weil ich einige Beobachtungen gemacht habe z. B. bzgl. der Barrierefreiheit - und bin dabei auf sehr viel Interesse und Zustimmung gestoßen. Das lässt mich hoffen. Worms liegt mir schon irgendwie am Herzen, und in der Dompfarrei habe ich zwei Jahre gewohnt und war dort auch aktiv engagiert.