Ich bin endlich mal wieder an der Nordsee, in dem kleinen gemütlichen Reetdachhaus in völliger Alleinlage. Als Nachbarn habe ich nur die Schafe vor dem Haus, die ich auf der Couch sitzend beobachten kann. Alleine sie geben mir Motive ohne Ende.
"Moin" ist der nette und freundliche Gruß, der einem hier egal zu welcher Tageszeit etwas langlgezogen entgegengerufen wird. Es hat etwas Anheimelndes, auch für mich als Fremden. Gestern z. B.
bei einer einsamen Wanderung zum Deich, von denen es hier auf Eiderstedt genügend gibt, fuhr eine junge Frau an der Weide vor mir an, um die Jungbullen mit Futter zu versorgen. Das erste was sie
tat, war mir ein freundliches Moin entgegen zu rufen. Ich habe mir inzwischen angewöhnt mein eher forsches "Moin" doch auch etwas länger zu dehnen, um diese Freundlichkeit auch passend zu
erwiedern.
Ich bin im Urlaub gemeinsam mit meiner lieben Ehefrau, die ich zurzeit im engen wörtlichen Sinn sehr oft an die Hand nehme. Wir gehen schon seit mehr als 44 Jahren Hand in Hand im übertragenen
Sinn. Jetzt, wo sie nach einer schweren Augen-OP Sehschwierigkeiten hat, kann ich ihr so etwas mehr Sicherheit geben. Wir sind schon über so viele Jahre gemeinsam durch Höhen und Tiefen
gegangen, dann schaffen wir das auch.
Gestern haben wir auf diese Weise bei herrlichem Sonnenschein einen langen und entspannenden Strandspaziergang im nahegelegenen St. Peter-Ording gemacht. Mein Schrittzähler zeigte danach immerhin
knapp 10000 Schritte an, was etwa 7 km entspricht. Ich fotografiere natürlich deutlich weniger, die Sicherheit meiner Frau ist mir wichtiger, aber dadurch noch bewusster. Bei einem wirklich
spannenden Motiv bleiben wir stehen, ich lasse ihre Hand kurz los, greife zur Kamera und mache mein bewusstes und ausgewähltes Bild.
Auch heute in der "grauen Stadt am Meer", wie Theodor Storm seine Heimatstadt Husum in einem Gedicht benannte, haben wir beide unsere Nähe so wunderschön handgreiflich spüren können. Da die Stadt
ihrem Stormschen Beinamen heute alle Ehre machte und sich regnerisch trist und grau darbot, waren die alten Pflastersteine etwas rutschig, weshalb meine Hand so wichtig war. Die Kamera blieb
weitgehend unbenutzt dem Sprühregen aussetzt, was eine Fuji aushalten muss. Wegstecken wollte ich sie jedoch nicht, um nicht doch ein prickelndes Motiv zu verpassen. Irgendwie war ich dadurch aus
zweierlei Gründen äußerst achtsam.
Wie wichtig das Sehen ist, wurde mir in diesen Tagen mal wieder sehr intensiv bewusst, zumal meine Augen auch nicht die Besten sind. Ich freue mich mit meiner Frau, die tagtäglich etwas
besser sehen kann und bin mit ihr gemeinsam sehr dankbar für dieses Geschenk. Und ich freue mich über die schönen gemeinsamen Tage hier im Norden - egal wie das Wetter ist oder wird.