Treffpunkt war nach rund einstündiger Anfahrt ein Supermarktparkplatz nahe einer Autobahnausfahrt. Von dort ging es auf
verschlungenen Straßen zu einer ruhig gelegenen alten Burg. Auf Klopfen hin wurde uns geöffnet, und wir verschwanden sofort für mehrere Stunden im dunklen und kalten Burgkeller mit schönen alten
Gewölben.
In diesem Workshop ging es um eine Form der Lichtmalerei, bei der im Dunkeln mithilfe von Taschenlampen nach genauer sehr exakter Planung Gebäude, Ruinen, Innenräume in Szene gesetzt werden
sollte, und das geht tagsüber in einem dunklen Keller nun mal besonders gut. Was für mich vorher eigentlich unvorstellbar war, braucht zumindest eine intensive Übung. Wir verbrachten wirklich
mehrere Stunden damit, in zwei Räumen des Burgkellers zwei verschiedene Szenarien zu beleuchten.
Im ersten Keller waren das eine massive Mittelsäule mit Querbogen, ein Bogen im Eingang, ein zweiter Bogen im hinteren Bereich und ein altes Weinfass, auf dem ein Kerzenleuchter mit brennenden
Kerzen stand. Mein Part bestand darin mit einer Taschenlampe zuerst mit Streiflicht die Säule zu beleuchten, dann das Weinfass und schließlich einen von der Mittelsäule ausgehenden Querbogen. Das
alles mit ständig wanderndem Spotlicht der Taschenlampe (Wanderlicht) und mit genauestens geplanten Zeiten, die wir allerdings während des Experimentes mehrfach anpassen mussten. Mit mir waren
zwei weitere Teilnehmende für weitere Beleuchtungen des gleichen Szenariums zuständig. Das genau Beleuchten mit drei Standortwechseln musste ich immer wieder üben und dabei ständig darauf achten,
mit meinem Körper die Taschenlampe vor den Kameras zu verstecken. Zum Glück hat der Workshop-Leiter auf Exaktheit sehr viel Wert gelegt und mir mit vollem Körpereinsatz solange geholfen hat, bis
ich es verinnerlicht hatte.
Nach einer Pause mit Kaffee und leckerem Kuchen wechselten wir die Szenarien mit der anderen Teilgruppe. Jetzt war ich an der Kamera aktiv, das Beleuchten übernahmen andere. Hier ging es um das
Beleuchten eines Torbogens, einer alten Tür und wiederum einem Kerzenleuchter, der mithilfe einer Taschenlampe mit rotem Filter an die Wand projiziert wurde. Natürlich verlangte das extreme
Langzeitbelichtungen im Bulb-Modus. Kennengelernt habe ich hier auch erstmalig die Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung, die die aktuellen Kameras alle können und die im Vergleich auch recht
erfolgreich ist. Mein neues Stativ hat sich hier auch sehr bewährt.
Abends nach einer Pause in einer Pizzeria ging es dann zur Attraktion des Tages, einer großen alten Klosterruine, die wir an diesem Abend ganz für uns alleine hatten. Nach Streiflichtübungen an
alten Epitaphen (Grabsteinen) versuchten wir uns am Beleuchten der nach oben offenen Krypta und dem großen Bogen über dem Chorraum. Zu zehnt beleuchteten wir in einer exakt durchgeplanten
Choreographie Säulen und Bögen, natürlich es gab dabei auch etliche Fehlversuche. Die gelungenen Inszenierungen beeindruckten mich aber sehr.
Es war eine geniale Gemeinschaftsarbeit, die jetzt auch die mühsame lange Vorarbeit und Übung im Burgkeller verständlich machte. Völlig durchgefroren verließen wir gegen 22 Uhr die Klosterruine,
tauschten aber noch kurz die notwendigen Daten aus. Auf der Heimfahrt war ich dann sehr dankbar für die Sitzheizung in meinen Auto, aber auch für die Erfahrungen in diesem so ganz anderen
Fotografieworkshop, in dem ich nur sehr wenig fotografiert habe. Er war schon durch die Dauer von ca.12 Stunden recht anstrengend, durch das lange Stehen, vor allem aber durch die ständig
notwendige hohe Konzentration.
Die Ergebnisse, die wir inzwischen ausgetauscht haben, weil ja nicht alle alles fotografiert haben, haben aber alle Mühen gelohnt. Es hat riesigen Spaß gemacht und mal wieder intensiv auch die
Achtsamkeit trainiert. Ich werde mich auch weiter damit im Kleinen versuchen. Durchgeführt wurde der Workshop in hervorragender Weise von der Photoschule Horn aus Eisenach (https://www.photoschule.com/) und geleitet vom Inhaber selbst, Dieter Horn.
Zwar hat jede Form von Fotografie ( (aus altgriechisch φωτός photós ‚Licht' und γράφειν graphein ‚zeichnen', also
„zeichnen mit Licht“) mit Licht zu tun, ist also schon irgendwie Lichtmalerei. Diese neu kennengelernte Form der Lichtmalerei war mir aber bisher vollkommen unbekannt. Ich kannte
lediglich das sogenannte Lightpainting, bei dem mithilfe von Taschenlampen und anderen Leuchtmitteln spannende Strukturen und Muster in die Luft gemalt werden, die dann von einer Kamera
aufgezeichnet werden.
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Oli (Freitag, 06 Januar 2023 19:19)
Sehr spannendes Thema! Ich muss gestehen, dass mich der Aufwand für solch ein Ergebnis schon etwas abschreckt. ABER: Eigentlich sollte man ja ab-und-zu seine bequeme Komfortzone verlassen und auch ein Thema versuchen, das einem nicht „liegt“ und deswegen den eigenen Horizont erweitert. Ob man das Thema/Technik dann komplett übernimmt oder nur adaptiert, ist ja dann noch eine andere Frage.