Ich war mal wieder in der Hauptstadt, wir wollten die Enkelkinder und natürlich auch Tochter und Schwiegersohn wieder mal sehen. Wie auch sonst bin ich recht viel in Berlin gelaufen, 50km auf nicht immer lauffreundlichen Pflaster. Dieses Mal war ich mit sehr leichtem Kameragepäck unterwegs, ich hatte nur die Ricoh GRIIIx mit ihrer auf Vollformat umgerechnet Brennweite von 40mm dabei. Es war mein erster größerer Test, bisher gab es nur einige kleine Ausflüge mit ihr.
Gleich am ersten Tag habe ich eine größere Runde um die Wohnung meiner Tochter gedreht, vom Arnswalder Platz gindurch den Thälmannpark zum großen Zeiss-Planetarium, dann über die trubelige Prenzlauer Allee bis zur Immanuelkirche, von dort durch das Wienskiez zur Hufenlandstrasse mit ihren schönen kleinen Läden und Cafés und weiter über die Bötzowstraße wieder zum Arnswalder Platz zurück.
Donnerstags findet auf dem Kollwitz-Platz der interessante Ökomarkt statt, den wir immer wieder gerne besuchen. In der Nähe liegt an der Schönhauser Alle ein von hohen Mauern umgebener alter jüdischer Friedhof, den man schon vom Kollwitz-Platz durch kleine Öffnungen in der Mauer sehen kann. Letztes Jahr stand ich dort leider vor verschlossenen Toren, dieses Mal war er geöffnet. Leider in der Nazizeit stark zerstört, strahlt er dennoch eine friedliche Ruhe mitten in der lebhaften Stadt aus. Von dort gings weiter zur Kastanienallee mit den vielen kleinen Modegeschäften, die wir bis zur leider immer noch geschlossenen Zionskirche entlang spazierten. An der Zionskirche hat Dietrich Bonhoeffer als Vikar gewirkt. Die Über den Kollwitz-Platz, auf dem immer noch Markt war, ging es dann zum Arnswalder Platz zurück.
Die nach langer Renovierung wiedereröffnete St. Hedwigskathedrale war ein weiteres Ziel. Das "Loch" ist endlich weg. Wer die Kathedrale von der Zeit vor der Renovierung kennt, weiß vermutlich, was ich meine. Viele Jahrzehnte gab es mitten in der Kirche einen breiten Treppenabgang zur Unterkirche. Dafür gab es zwar eine theologische Erklärung, die ich aber nicht nachvollziehen konnte. Bei der jetzigen Renovierung wurde dieser Abgang verschlossen. Der neue Altar steht jetzt mitten in der dem römischen Pantheon nachempfundenen Kirche. Der bei der Renovierung schlicht gehaltene Raum strahlt jetzt sehr viel Ruhe aus.
Am Wochenende besuchten wir alle zusammen mal wieder den im ehemaligen Ostberlin gelegenen Tierpark, nicht zu verwechseln mit dem Zoo im Westen. Der Tierpark erstreckt sich über ein riesiges Gelände, in dem wir auch nach mehreren Besuchen noch nicht alles gesehen hatten. Hier gibt es für die meisten Tiere weitläufige Gehege. Dieses Mal legten wir einen Schwerpunkt auf einen relativ neuen Bereich, den "Himalaya", den man auf einem Hügel regelrecht "besteigen" muss. Nach oben hin wird es auch immer felsiger, tibetische Gebetsfahnen und Schilder mit "Höhenangaben" begleiten uns auf dem Weg zum Gipfel. Mehrere Tiergehege liegen am Weg. In diesen Gehegen sieht man - wie auch sonst im Park - nicht immer Tiere, weil ihnen auch Rückzugsorte angeboten werden.
Ein weiteres Ziel war das Nikolaiviertel, ein touristisches Vorzeigeobjekt der ehemaligen DDR, das heute ein wenig ein Schattendasein führt. Das Nikolaiviertel kenne ich noch aus DDR-Zeiten,als ich mehrfach mit Schulklassen Berlin besuchte und dann ein Besuch Ostberlins nicht nur wegen der Zuschüsse dazu gehörte. Von einem altsprachlichen Gymnasium kommend besuchten wir natürlich immer das Pergamon-Museums. Im Nikolaiviertel gab und gibt es heute noch einige Gaststätten, in denen die Schülerinnen und Schüler ihren Zwangsumtausch (21 DM in 21 Ostmark) ausgeben konnten.
Nach langer Zeit besuchten wir mal wieder das Zentrum des ehemaligen West-Berlins rund um die Gedächtniskirche. In der neuen Gedächtniskirche tauchten wir ein in den farblich besonders geprägten Kirchenraum. Die in tiefem Blau gehaltenen riesigen Fensterflachen lassen einen still werden und schenken Ruhe im hektischen Umfeld der Großstadt. Wir hatten das Glück dort auchnnoch ein kleines unverhofftes Orgelkonzert erleben zu dürfen. Das war eine besondere Zeit der Achtsamkeitszeit.
Am einem Abend bin ich dann alleine über den "Prenzlauer Berg" (Es gibt eine Straße, die wirklich so heißt) zum Alex gelaufen. Der Alexanderplatz, eigentlich ein zugiger Platz ohne jeglichen Charme in der Mitte Berlins, auf dem sich kaum jemand lange aufhält, war an diesem Abend in das warme Licht der tiefstehenden Sonne getaucht, die auch für interessante und fotogener lange Schatten sorgte. Das heutige Bild ist an diesem Abend entstanden. Es zeigt rechts die bekannte Weltzeituhr und im Hintergrund ein Haus mit einem riesigen Schatten, über den ich erst einmal rätselte. Schließlich wurde mir klar, dass das der Schatten des doch in einiger Entfernung stehen Fernsehturms war.
Die Ricoh GR IIIx hat sich in diesen Tagen gut bewährt, an die 40mm hatte ich mich schnell gewöhnt, und das Zoomen mit den Füßen hat auch funktioniert. Dass das ein oder andere Motiv nicht möglich war, stellte kein Problem für mich dar, sondern verleitete mich eher zur Suche nach anderen Persven. Ich habe in diesen Tagen mehrere hundert Bilder "geschossen" und dabei auch stark meinem Lieblingsmetier, der Streefotografie gefröhnt. Mit der unauffälligen kleinen Kamera war das noch spannender. Diese Zeiten der Streefotografie schenkten mir auch immer wieder ruhige und achtsame Momente, besonders wenn ich alleine unterwegs war.

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Oli (Sonntag, 27 April 2025 22:00)
Berlin ist eine tolle Stadt - aber leben wollte ich da nicht! ;-)
Leider sind meine (Dienst-)Reisen nach Berlin rar geworden und selbst dann, hatte ich nur die (dunklen)Abende. So ein bisschen neidisch bin ich also schon auf dich!
Schönes Motiv - zwei Wahrzeichen des Alex in einem Bild zu verheiraten ist nicht einfach!
Werner (Dienstag, 06 Mai 2025 16:39)
Ach, wie schön - Mich erinnerst du mit deinem Beitrag an meine Zeit dort in "dieser Ecke": Als die Familie meiner Tochter noch in der Nähe der Kastanienallee lebte und ich dort - ganz oft auch mit der Kamera in der Hand - meine Runden drehte. Jetzt schon ein paar Jahre her... Danke für diese Erinnerung.
Liebe Grüße,
Werner