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Die Rhön ist schön

- aber ohne Rhöner ist sie noch schöner! Der eingängige Tourismusslogan wurde wie so oft weitergedichtet. Bin ich aber eigentlich ein Rhöner? Hier stellt sich die uralte philosophische Frage: Was ist Heimat? Geboren bin ich in einem Vorort der historisch interessanten Stadt Worms, also weit weg von der Rhön. Worms hat schöne Ecken: Den herrlichen romanischen Dom, die alte Synagoge mit ihrer fast geheimnisvollem Mikwe, den uralten eindrucksvollen Judenfriedhof, den Rhein, ... . Vieles ist aber weniger schön. Die im Zweiten Weltkrieg ausgebombte Innenstadt, die recht geschmacklos schnell wiederaufgebaut wurde, ist weniger anziehend. Die Umgebung von Worms ist geprägt durch viele Weinberge. Das Klima ist fast südlich, man bezeichnet die Gegend auch oft als "Deutsche Toskana".

Das angenehme Klima vermisse ich in der rauen Rhön. Ansonsten fühle ich mich hier sehr wohl, ich lebe hier schon wesentlich länger als in Worms. Für mich ist die Rhön inzwischen auch Heimat. Worms bietet außer den historischen noch erhaltenen Ecken fotografisch sehr wenig. Weinberge fotografieren ist auf Dauer auch eher langweilig. Die Rhön dagegen ist fotografisch extrem vielfätig. Markante Berge wie die Milseburg oder die Wasserkuppe, Moorlandschaften, Wald, offene unbewohnte Flächen an der Hochrhönstraße, kleine Dörfer, die noch ihren urigen Charme erhalten haben, ... . Und natürlich die schöne Barockstadt Fulda, die ich wegen ihrer Nähe eindeutig zur Rhön rechne. Mir gefällt zwar der romanische Dom in Worms besser als der Barocke in Fulda. Dafür gibt es aber direkt neben dem Fuldaer Dom die ottonische Michaelskirche, eine der ältesten in Deutschland mit einer eindrucksvollen und symbolisch zu deutenden Krypta.  Barock, der die ganze Stadt Fulda prägt, hat aber auch etwas sehr Fröhliches, Heiteres. Und das kann anstecken. 

 

In Fulda Fotografieren macht sehr viel Spaß, Motive gibt es an allen Ecken und Enden, ich kann sie hier nicht aufzählen. Die Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten, vor allem seit der Grenzöffnung zur DDR, mächtig herausgeputzt. Alleine der Blumenschmuck, der von der Stadtgärtnerei in der gesamten Innenstadt verteilt wird, ist schon sehr sehenswert. Auch die Verkehrsanbindung ist durch den ICE-Knotenpunkt hervorragend. Die Besucherzahlen steigen ständig, Die Stadtführerinnen und Stadtführer kommen kaum noch nach, das sagt schon einiges. 

 

Heute Morgen war ich ganz früh, noch vor der Öffnung der Geschäfte, in Fulda - natürlich mit Kamera. Ein Rundgang durch die Innenstadt und die Altstadt bot mir Motive ohne Ende - und das, obwohl ich hier schon so oft fotografisch unterwegs war. In vielen Straßen und Gassen war ich mehr oder weniger alleine, konnte das Ganze wieder so schön achtsam auf mich wirken lassen. Mich sprangen Motive an, die ich vorher so noch nie gesehen hatte. Einige andere, die ich mir vorgenommen hatte, waren plötzlich eher uninteressant. Natürlich habe ich auch etliche Streets gemacht. Ob ich die nach der DSVGO noch machen darf, weiß ich zwar nicht, aber es macht einfach Spaß. In der Fußgängerzone habe ich mich auch 20 Minuten auf eine Bank gesetzt -  weniger, um zu fotografieren, als um das erwachende Leben zu beobachten. Auch das war spannend.

 

Ich kann nur empfehlen, eine Stadt einmal so in der Frühe zu erleben. Sie wirkt anders. Versuche auch immer wieder eine dir schon sehr bekannte Stadt mit neue Augen zu sehen, und du wirst endlos viele Motive entdecken. In der Achtsamkeit spricht man hier vom Anfängergeist. Lass dich einfach darauf ein - auch das ist Achtsamkeit.

 

Und übrigens: Ich bin ein Rhöner. 

Und durch uns wird die Rhön erst richtig schön.