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Ich möchte Klavierspielen können ...

aber nicht wegen des Glücks mit den Frauen, denn ich habe die beste Ehefrau der Welt und das schon seit vielen Jahren. Sie kann sogar Klavierspielen. Ich bin aber leider so unmusikalisch, dass mein Wunsch wohl unerfüllbar bleibt. Meine Blockflötenlehrerin im 5. Schuljahr sagte mal zu mir nach einem Schulkonzert: Wilfried, wenn du das gespielt hättest, was du gegriffen hast, wäre der ganze Blockflötenchor umgefallen.


Mit Zeichnen und Malen klappt es bei mir auch nicht so, ganz im Gegensatz zu meinen drei Frauen, meiner Frau und unseren beiden Töchtern, die alle sehr kreativ sind. In der Oberstufe meiner Gymnasialzeit hatte ich das Glück, dass mein Kunstlehrer von der abstrakten Kunst begeistert war. Geometrische Formen fielen mir als späterem Mathematiklehrer nicht so schwer.


Zum Glück hat es mir dann das Fotografieren angetan. Da muss man ja nur auf einen Knopf drücken, und schon hat man ein Bild. Bei meiner ersten Klickklack-Kamera konnte man auch nur anhand von drei Symbolen die Entfernung einstellen und sonst nichts. Also Knopf drücken und das Bild war auf dem Film. Immerhin hat das Fotografieren ja von der Wortbedeutung auch etwas mit Malen zu tun: Fotografieren stammt aus dem Griechischen und bedeutet "mit Licht malen bzw. schreiben.


Erst mit meiner ersten Spiegelreflexkamera (analog und rein mechanisch) lernte ich die Beziehung von Blende und Zeit und deren konkrete individuelle Auswirkungen kennen. Auch das manuelle Scharfstellen wollte erst einmal verstanden und vor allem geübt werden. Die ISO wurde noch vom Film vorgegeben, musste aber zumindest händisch eingestellt werden. Irgendwie war das auch eine Kunst,  eine solche Kamera zu verstehen. Einfach nur mal abdrücken hat nicht viel gebracht. Für mich war diese Kamera ein wichtiges Lernmittel, spätere Vereinfachungen durch allmähliche Automatiken und die digitale Fotografie nahm ich gerne mit.


Heute hat eine Kamera ja mehr Automatiken als man überhaupt braucht. Man kann, wenn man es sich einfach macht, auch nur auf den Knopf drücken. "A" oder "P" machen es möglich. Mit dem Smartphone geht es noch einfacher.  Ich „darf“ in meinem Umfeld so viele Smartphonebilder "bewundern", aber viele dieser Bilder haben auf die Schnelle und in Massen geschossen einfach keine große Bedeutung, keinen Wert mehr. Sie sind oft Zufallsprodukte ohne jegliche Vorüberlegungen und ohne irgendein Verständnis für die Fotografie. Für mich war das schon vor einigen Jahren der Grund, die bis dato geliebte Fotocommunity zu verlassen.


Mein Weg ist ein anderer, wobei ich absolut kein Verfechter von fotografischen Regeln bin. Ich spiele gerne mit dem Licht, arbeite mit Spiegelungen und Schatten, achte auf das Flüchtige, versuche den richtigen Augenblick erwischen, … . Ein Bild oder genauer eine Fotografie  ist immer eine konkrete Momentaufnahme, das sollte man sich auch öfter mal wieder bewusst machen. Den Augenblick, den jeweiligen Moment wahrzunehmen, hat mich die Achtsamkeit gelehrt, ein Bild wertzuschätzen ebenfalls. Jedes Bild hat für mich seinen Wert, es birgt meine Gedanken beim Planen, beim Entstehen, es erzählt mir beim Betrachten etwas. Es lässt mich Situationen neu erleben, oft genug lässt es mich auch etwas erkennen oder finden, was mir beim Fotografieren überhaupt nicht aufgefallen ist. Wenn ein Bild das alles nicht kann,  wenn es misslungen ist, wird es von mir auch recht schnell wieder gelöscht. Da bin ich schon lange sehr konsequent, die Achtsamkeit hat mich - so empfinde ich es - noch konsequenter, noch entscheidungsfreudiger werden lassen. Mein Weg kreativ zu werden ist halt nicht das Klavierspielen, aber immerhin das Fotografieren. 


Versuche doch auch einmal deine Bilder wertzuschätzen und nicht einfach wild drauflos zu knipsen. Ein Bild, das dir etwas bedeutet, das einen Wert für dich hat, lässt du auch nicht auf der Festplatte vergammeln. Solche Bilder wirst du dir immer wieder mal anschauen, sie vielleicht auch ausdrucken, an die Wand hängen oder in einem Fotobuch greifbar machen.  Mir passiert immer wieder, dass eine Bildserie bei wiederholtem Anschauen auch immer kleiner wird. Sie konzentriert sich auf die Bilder, die für mich wirklich wertvoll sind. Wenige aber in meinen subjektiven Augen sehr gute, gelungene Bilder als Massen, die ich nie wieder anschaue. Wobei "wenige" als Menge natürlich relativ ist im Vergleich zu riesigen Sammlungen nach dem Motto "gelöscht ist schnell". Ich stelle immer wieder fest, dass die Summe meiner Bilddateien im Laufe der letzten Jahre nicht großartig zunimmt, weil ich ältere Serien immer wieder mal auf für mich Wesentliches reduziere. 

Für mich sind das auch Konsequenzen aus meiner Beschäftigung mit der Achtsamkeit, sie hat auch meinen Blick für das Wesentliche geschult. Ich lebe gut damit, auch in Zeiten von Corona, ich lebe aktiv in der Gegenwart und lasse mich nicht so sehr irritieren von den vielen unterschiedlichen Meinungen, Aufregungen und auch Wichtigmachern in den vielfältigen Medien. Ich informiere mich gezielt, bin vorsichtig und halte Abstand. Macht das auch und bleibt vor allem gesund!