Wenn man nach Synonymen für diesen Begriff sucht, findet man z. B.: gehemmt, unentspannt, verkrampf, kontaktarm, kontaktscheu, unsicher, zurückhaltend oder zaghaft. Ich hoffe, dass das nicht alles auf mich zutrifft. Zutreffend sind die meisten dieser Begriffe aber auf den Auslöser meiner Kamera. Er klemmt, sie lässt sich zwar noch auslösen, aber irgendwie fühlt es sich recht hakelig an. Nach tausenden von Auslösungen will die Kamera nicht mehr so wie ich es gerne hätte, das Zuverlässige ist weg. Das Reagieren auf Situationen, auf den bestimmten Moment, ist nicht mehr so generell möglich. Das so Gewohnte wird plötzlich zum Problem.
Zwei ähnliche Situationen hatte ich schon in den vergangenen Monaten: Mein Auto ist nicht angesprungen, und die Heizung hat ihren Dienst aufgegeben. Die Heizung konnte ich über den Störungsknopf
wieder in Gang setzen, beim Auto half das Überbrücken leider Batterie leider nicht, da musste dann doch ein Fachmann dran, und der stand zuerst auch mal vor einem Rätsel.
Wenn so etwas vorkommt, auch wenn diese Beispiele sicherlich eher marginal ist, unterbricht es den gewohnten Alltag. Es macht deutlich, wie sehr wir von vielem abhängig sind. Das
Selbstverständliche ist plötzlich nicht mehr selbstverständlich. Ohne Auto heißt es laufen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen, was auf dem flachen Land nicht immer so einfach ist. Keine
funktionierende Heizung bedeutet Frieren und eiskaltes Duschen. Solche Vorkommnisse sind auch ein Wink an die Achtsamkeit. Sie machen wieder hellhörig für das Notwendige, sie verlangen nach
Geduld und Akzeptanz,
Der Auslöser meiner Kamera bzw. die Kamera selbst sind sicherlich noch weniger lebensnotwendig, aber meine Kamera bedeutet mir sehr viel. Sie ist auch ein Mittel zur Steigerung bzw. zum Training
meiner Achtsamkeit und hat für mich auch therapeutische Wirkung. Mehr dazu habe ich schon früher in diesem Blog geschrieben. Es wird ja auch immer wieder mal behauptet, die Kamera sei bei mir
schon angewachsen. Falls ich ohne sie angetroffen werde, werde ich auch schon mal nach ihr gefragt.
Auf meine Anfrage bzgl. einer Problemlösung teilt mir Fujifilm mit, dass ich die Kamera einschicken müsse. Das hatte ich schon befürchtet. Mit ca. vier Wochen "Abwesenheit" müsste ich rechnen,
war dann die weitere Auskunft. Fujifilm lässt ja weiterhin trotz Brexit alles in in Großbritannien reparieren. Der Schock war groß, die X-T4 ist meine einzige digitale Kamera. Mit dem
Smartphone zu fotografieren ist nicht so mein Ding. Ich sah mich schon Filme kaufen und meine analoge Nikon wieder aktivieren – was natürlich auch einen gewissen Reiz hätte.
Über Nacht kam mir dann der Gedanke mal bei Fujifilm wegen einer Leihkamera nachzufragen, wobei ich mir keine große Hoffnung machte, schließlich habe ich ja keinen Profistatus. Sehr schnell kam
dann aber die überraschende und erlösende Antwort. Sobald meine Kamera in der deutschen Zentrale angekommen sei würde man eine Ersatzkamera an mich rausschicken, die ich dann bis zur
Rückkehr meiner Kamera behalten könne. Das nenne ich einen tollen Service. Die kleinen Unkostenbeitrag zahle ich da gerne.
Meine X-T4 ging dann gestern auf die Reise und meine Achtsamkeit hat mal wieder einen Schub bekommen. Das schon so sehr Gewohnte wird wieder bewusster wahrgenommen. Ich habe inzwischen fast
das Gefühl, dass mich noch mehr Motive „anspringen“ als sonst. Aber ein paar Tage ohne Kamera sind vielleicht auch eine gute Erfahrung. Ich bin gespannt und offen dafür. Meine Achtsam ist auf
jeden Fall durch diesen Anschub wieder intensiviert geworden, ist wieder mehr in den Vordergrund gerückt.
Ein Dialog aus dem sehenswerten Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" passt hier recht gut: "Wann drückst Du auf den Auslöser?" - "Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine, mir... persönlich, dann will ich nicht, dass mich die Kamera irgendwie
ablenkt. Dann will ich einfach nur... darin verweilen." - "Darin verweilen?" - "Ja, so wie gerade. Hier und jetzt".