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(205) Nomaden Im Nordlicht

   

Wenn du jetzt Bilder vom Polarlichtern erwartest, muss ich dich enttäuschen. Ich habe zwar Bilder davon,  aber die sind schon vor einigen Jahren in Island entstanden. "Nordlicht" ist ein kleines kuscheliges Programmkino in St. Peter-Ording. Dort habe ich mir den oskarprämierten Film "Nomadland" angeschaut.

Fern, die Protagonistin des Films, hat ihren Mann verloren. Der einzige Arbeitgeber der Stadt hat dicht gemacht, die Stadt verwaist immer mehr, verliert letztendlich sogar die Postleitzahl. Fern zieht mit einem alten rostigen  Caravan los, den sie mit einfachen Mitteln selbst ausgebaut hat. Sie reist von einem zum andern Gelegenheitsjob, sei es bei Amazon, im Burgerladen oder bei der Zuckerrübenernte. Unterwegs trifft sie immer wieder andere "Nomaden", interessiert sich für die durchreiste Natur, nimmt auch an Führungen und Workshops teil.  Einer der Nomaden, der durch die Geburt eines Enkels sesshaft geworden ist, hat sich in sie verliebt und versucht sie zum Bleiben zu animieren. Letztendlich entscheidet sie sich aber für ihren Weg im Nomadland, lebt, erlebt und durchlebt  bewusst jeden Tag, trotz aller Probleme, die immer mal auftauchen.

Nomadland ist ruhiger und stiller Film mit einprägsamen, z. T. melancholischen Bildern, der mich zum Nachdenken angeregt hat und immer noch anregt. Er hat sehr viel Achtsames,   das Sein im jeweiligen Moment, im gegenwärtigen Augenblick. Fern lebt ihr einfaches Leben sehr bewusst, genießt es auch trotz aller Schwierigkeiten, versucht immer wieder das Beste daraus zu machen. Sie lebt das "Carpe Diem", das der romanische Dichter Horaz schon 23 v. Chr. geprägt und formuliert. In der deutschen Übersetzung lautet es sinnvollerweise "Pflücke den Tag" und meint ein dem Ernten reifer Früchte ähnliches Vorgehen, das Reife, das Wesentliche zu entdecken und als gegenwärtiges Geschenk anzunehmen und im jeweiligen Moment zu erleben. 


Mir ging und geht es hier im Urlaub in gewisser Weise ähnlich, wenn auch auf einem wesentlich niedrigeren Niveau. Das  sehr typische Nordseewetter wirft täglich alle Planungen über Bord. Die schönen Vorfreuden auf Sonne, Strand und Meer verfliegen, reduzieren sich auf lediglich 2-3 Tage. Das lässt mich täglich neu den Tag gestalten, bringt mich zu Entdeckungen, die ich bei schönem Wetter vielleicht nicht gemacht hätte. Auch die Bilder mit Stativ und Graufiltern, die ich machen bzw ausprobieren wollte, sind dem stürmischen Wetter zum Opfer gefallen, dafür nehme ich andere, z. T. intensive innere Bilder mit nach Hause. Es war und ist trotz allem ein sehr entspannter und erholsamer Urlaub. Den Film - und vor allem Fern - werde ich wohl noch längere Zeit im Hinterkopf haben..

 

P.S.: Einen winzigen Anklang ans Nomadentum hat mein Urlaub auch: Ich versorgen wie schon im vergangenen Jahr die Schafe auf der Weide vorm Haus jeden Tag mit Wasser. Im letzten Jahr waren es allerdings nur 7, in diesem Jahr sind es 50 und trinken ganz ordentlich. Waren sie in den ersten Tagen noch scheu, so haben sie sich inzwischen an mich gewöhnt. Vorgestern musste ich dann auch noch ein Schaf einfangen, das es irgendwie geschafft hatte, das Gatter auszuhängen. Auch das hat geklappt, was mich schon ein wenig stolz machte - ein gelungener Augenblick!